Ackerwildkräuter - Geschichte und Ökologie
Geschichte der Segetalflora (»Acker-Wildkrautflora«)
Segetalpflanzen (Ackerwildkräuter) sind in Mitteleuropa Kulturfolger des Menschen und überwiegend mit dem Beginn des Ackerbaus in Mitteleuropa (5-6000 v.Chr.) nach und nach aus Süd-, Südosteuropa und Asien eingewandert. Nur ein kleiner Teil der Arten war auch schon vorher an natürlicherweise offenen Bodenstellen ("Störstellen") wie z.B. Spülsäumen von Flüssen, Uferabbrüchen oder Tierbauten kleinflächig verbreitet. Diese Arten, zu denen vor allem Nährstoffzeiger gehören wie z.B. Vogelmiere oder Gänsefuß, haben sich die Äcker als neuen Lebensraum erobert. Die ursprünglichen, natürlichen Lebensräume der eingewanderten Arten liegen in Steppen, Gebirgen, lichten Wälder und Gebüschlandschaften in Vorderasien und Südeuropa (z.B. Kornblume, Rittersporn und viele andere).


Anpassungen der Segetalflora an die Lebensbedingungen auf dem Acker
Viele Arten haben einen einjährigen Entwicklungszyklus, d.h. sie sterben nach der Blüten- und Fruchtbildung ab und erscheinen erst frühesten im folgenden Jahr wieder aus gekeimten Samen. Dadurch sind diese Arten vorzüglich an die regelmäßige Bodenbearbeitung der Äcker angepasst. Sie benötigen diese Bearbeitung sogar, weil dadurch immer wieder unbewachsene, offene Bodenflächen geschaffen werden, die konkurrenzarme Entwicklungsmöglichkeiten für die Keimlinge bieten. Werden Äcker nicht mehr bewirtschaftet (Brache), verschwinden die meisten Ackerwildkräuter schon nach wenigen Jahren aus der Vegetation: sie sind der Licht- und Nährstoffkonkurrenz durch mehrjährige, hochwüchsige Arten (z.B. mehrjährige Gräser, Disteln, Beifuß usw.) nicht gewachsen. Als Samen können sie aber z.T. sehr lange im Boden ausharren. Manche Arten konnten nach hundert Jahren noch erfolgreich keimen, wenn durch eine Bodenbearbeitung plötzlich günstige Lebensbedingungen entstanden. Bei den meisten Arten ist aber nach spätestens 10 Jahren die Keimfähigeit schon sehr stark herabgesetzt, bei manchen Arten schon nach einem Jahr.


Ansprüche der Segetalarten an ihren Lebensraum
Anders als die angesäten Kulturpflanzen keimen die Wildpflanzen auf den Äckern in der Regel nur an den speziellen Standorten, an die sie angepasst sind. Neben der Bodenart (z.B. sandig oder tonig) und der Bodenfeuchte ist vor allem der Gehalt an Kalk bzw. Basen wichtig. Die blauen Kornblumen (Centaurea cyanus) sind z.B. für basenarme Böden charakteristisch während Klatschmohn (Papaver rhoeas) eher auf basenreichen Standorten wächst. Auch das Geländerelief hat einen Einfluss auf die Artenzusammensetzung, vor allem infolge den Unterschieden in der Feuchtigkeit und weil sich infolge von Erosionsvorgängen an Kuppen und Hängen (Abschwemmung von Feinstoffen bei Regen) ganz bestimmte Bodenverhältnisse herausbilden.


Die verschiedenen Kulturpflanzen haben jeweils eine spezielle Begleitflora. Wegen der variierenden Aussaattermine (z.B. Sommer- und Wintergetreide) und den spezifischen Methoden und Zeiträumen der Bodenbearbeitung entstehen ganz unterschiedliche ökologische Bedingungen, in die sich die Arten einpassen müssen, um erfolgreich Samen bilden zu können.

Die Arten haben verschiedene Strategien, um sich gegen die Konkurrenz der Kulturpflanzen behaupten zu können. Auf den im Herbst bestellten Böden im Wintergetreide wachsen schon im zeitigen Frühjahr (April) kleinwüchsige Frühblüher wie das Hungerblümchen (Erophila verna) und der Dreiteilige Ehrenpreis (Veronica triphyllos). Zu dieser Zeit ist das Getreide noch niedrig und viel Licht gelangt auf den Boden. Später, wenn die Kulturpflanzen aufgewachsen sind, haben diese Pflanzen ihre Entwicklung bereits abgeschlossen und Samen gebildet.

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Das unscheinbare Hungerblümchen (weißblühend) und der Dreiteilige Ehrenpreis (blau) sind an den Entwicklungszyklus des Wintergetreide angepasst. Sie keimen schon im Herbst und blühen sehr zeitig im Frühjahr.
Demgegenüber entwickeln sich die Wicken (Vicia) langsamer. Sie ranken an den Kulturpflanzen empor und gelangen so mit ihren Blättern und Blüten bis an die oberste Schicht im Getreide. Manche Arten sind in gewissem Rahmen tolerant gegenüber Beschattung durch die Kulturpflanzen, andere entwickeln sich erst richtig nach der Ernte auf der Stoppel.